Landgericht Arnsberg Urteil, 07. Okt. 2015 - 2 O 85/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Rentenversicherung des Zeugen Q geltend.
4Die Ansprüche aus der streitgegenständlichen Versicherung wurden mit Wirkung zum 25.04.2013 zugunsten der C gepfändet.
5Die Klägerin behauptet, der Zeuge Q habe ihr die Ansprüche aus der Versicherung bereits am 12.03.2013 abgetreten. Die schriftliche Abtretungsvereinbarung habe sie noch am selben Tag mit einem Anschreiben (Bl. 16 d. A.) per einfachem Brief an die Beklagte geschickt. Sie meint, deshalb vorrangig vor der C an der Versicherungsleistung berechtigt zu sein. Außerdem meint sie, die C könne die Versicherungsleistung nicht mehr verlangen, weil der Zeuge Q – unstreitig – mit seiner früheren Arbeitgeberin, der T, vor dem Landgericht I einen Vergleich geschlossen habe, nach dem sämtliche Ansprüche aus der Tätigkeit des Zeugen Q abgegolten seien. Dies betreffe auch die streitgegenständlichen Ansprüche.
6Die Klägerin hat zunächst beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, die unter der Lebensversicherungsnummer x/xxxxxx/xxxx zugunsten des Versicherungsnehmers Q bestehende B zugunsten der Klägerin freizugeben.
8Nach Klageänderung beantragt sie nunmehr,
9die Beklagte zu verurteilen, die unter der Lebensversicherungsnummer x/xxxxxx/xxxx zugunsten des Versicherungsnehmers Q bestehende B bei Ablauf am 01.12.2015 an die Klägerin auszuzahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie beruft sich auf § 24 Abs. 4 der auf den Vertrag anwendbaren Versicherungsbedingungen (Bl. 5 ff. d. A.) und meint, die Abtretung werde erst mit Zugang der Abtretungsanzeige bei ihr wirksam. Sie bestreitet, dass die Klägerin die auf den 12.03.2013 datierte Abtretungsanzeige bereits an diesem Tag abgeschickt hat und behauptet, die Abtretungsanzeige sei erst am 19.06.2013 bei ihr eingegangen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
15Die Umstellung der Klage durch die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 18.08.2015 ist als Klageänderung wegen Sachdienlichkeit nach § 263 ZPO zulässig.
16Jegliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte setzen jedoch voraus, dass sie der Beklagten die Abtretung vor dem 25.04.2013 angezeigt hat. Dies kann die Klägerin nicht beweisen.
17Die Regelung in § 24 Abs. 4 der Versicherungsbedingungen der Beklagten, wonach die Abtretung erst mit Eingang einer entsprechenden Anzeige bei der Beklagten Wirkung entfaltet, begegnet keinen Bedenken. Insbesondere kann darin kein Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB gesehen werden (BGH, Urteil vom 31.10.1990, Az. IV ZR 24/90, BGHZ 112, 387; OLG Brandenburg, Urteil vom 28.08.2012, Az. 11 U 120/11, ZInsO 2012, 2100).
18Die Klägerin kann nicht beweisen, dass sie der Beklagten die Abtretung vor dem 25.04.2013 angezeigt hat. Soweit sie behauptet, die Abtretungsanzeige bereits am 12.03.2013 abgesendet zu haben, ist dies unerheblich, weshalb der Zeuge Q hierüber nicht vernommen werden musste. Es kommt ausschließlich darauf an, ob die Klägerin den Zugang der Erklärung (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB) bei der Beklagten beweisen kann. Wer sich auf die Wirksamkeit einer empfangsbedürftigen Willenserklärung beruft, muss deren Zugang beweisen (OLG Saarbrücken NJW 2004, 2908; OLG Rostock NJOZ 2004, 2121). Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind hierbei nicht anwendbar. Insbesondere ist durch den Beweis, dass ein Brief bei der Post eingeliefert wurde, der Beweis des Zugangs nicht geführt. Es wird nicht vermutet, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreicht (BGH NJW 1964, 1176; BAG NJW 1961, 2132; OLG Frankfurt VersR 1996, 90). Ist die Rechtzeitigkeit des Zugangs streitig, muss derjenige, der sich auf sie beruft, auch die Rechtzeitigkeit beweisen (BGH NJW 1978, 886). Es gibt keinen Anscheinsbeweis, wonach eine Postsendung nach einer bestimmten Zeit beim Adressaten abgeliefert zu werden pflegt (BGH NJW 1964, 1176, 1177; OLG Braunschweig NJOZ 2004, 1866, 1868).
19Für den rechtzeitigen Zugang der Abtretungsanzeige fehlt der Klägerin nach den oben dargestellten Grundsätzen jeglicher Beweis.
20Auf den vor dem Landgericht I zwischen dem Zeugen Q und der T geschlossenen Vergleich kann sich die Klägerin ebenfalls nicht berufen. Dieser Vergleich bindet weder die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits noch die C. Deren Pfändung ist vorrangig gegenüber der Abtretung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung an die Klägerin.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
22Der Streitwert wird festgesetzt auf 30.000,00 EUR.
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Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.