Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2020 - IV ZB 34/19
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Prof. Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Götz am 7. Oktober 2020
beschlossen:
Beschwerdewert: bis 500 €
Gründe:
- 1
- I. Die Kläger nehmen den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft in Anspruch. Der Beklagte ist der Sohn, die Kläger sind die Enkel des Erblassers, den der Beklagte zu ½ und die Kläger jeweils zu ¼ beerbt haben. Die Erbengemeinschaft ist noch nicht auseinandergesetzt. Das Landgericht hat den Beklagten durch Teilurteil verurteilt, "Rechnung zu legen über die von ihm getätigten Geschäfte für den Nachlass des [Erblassers ] unter Vorlage einer geordneten Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben" und "Auskunft über den Bestand der Erbschaft nach dem [Erblasser] und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen durch Vorlage eines Verzeichnisses". Das Oberlandesgericht hat den Streitwert der dagegen gerichteten Berufung des Beklagten auf 300 € festgesetzt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
- 2
- II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist im Übrigen unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt den Beklagten nicht in seinen Verfahrensgrundrechten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip
).
- 3
- 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 600 € nicht. Er bemesse sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Regelmäßig sei davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden könnten. Danach sei von einem Stundensatz von 3,50 € auszugehen (§ 20 JVEG). Der Aufwand sei auf höchstens 50 Stunden zu schätzen, so dass sich eine Beschwer von 175 € ergebe. Auch unter Berücksichtigung etwa anfallender Auslagen für Bankauskünfte o.a. sei ein Aufwand von mehr als insgesamt 300 € nicht ersichtlich. Das Landgericht habe die Berufung nicht zugelassen , wozu es mangels Vorliegens der Voraussetzungen auch keinen Anlass gehabt habe.
- 4
- 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig angesehen (§ 511 Abs. 2 ZPO).
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- a) Wird bei einer Stufenklage - wie hier - eine Verurteilung zur Auskunft ausgesprochen, so ist für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses kommt es grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. März 2017 - IV ZB 18/16, ZEV 2017, 278 Rn. 6; vom 4. Juni 2014 - IV ZB 2/14, FamRZ 2014, 1453 Rn. 8; jeweils m.w.N.). Soweit das Rechtsmittelinteresse - wie hier - gemäß den §§ 2, 3 ZPO festzusetzen ist, kann die Bewertung durch das Berufungsgericht im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Berufungsgericht maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nicht festgestellt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 8. März 2017 aaO m.w.N.).
- 6
- b) Nach diesen Grundsätzen, die die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und ohne Überschreitung der dem Tatrichter gezogenen Grenzen einen 600 € nicht übersteigenden Wert des Beschwerdegegenstandes angenommen.
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- aa) Ohne Erfolg bleibt der Angriff der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Zeitaufwand des Beklagten nach § 22 JVEG mit mindestens 20 € je Stunde anzusetzen sei, weil dieser den erforderlichen Zeitaufwand als selbständiger Technikinformatiker nicht in seiner Freizeit aufbringen könne und daher einen Verdienstausfall in erheblicher Höhe erleide.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zu Recht keinen Verdienstausfall angesetzt. Nach § 22 JVEG erhalten diejenigen, "denen ein Verdienstausfall entsteht", eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst richtet und die für jede Stunde höchstens 21 € beträgt. Der Gesetzeswortlaut setzt damit einen tatsächlich entstandenen Verdienstausfall voraus. Tritt ein Verdienstausfall nicht ein, kommt folglich nur eine Zeitversäumnisentschädigung nach § 20 JVEG in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Mai 2014 - XII ZB 630/12, NJW-RR 2014, 1096 Rn. 18; vom 26. Januar 2012 - VII ZB 60/09, NJW-RR 2012, 761 Rn. 10). So liegt es hier. Ein Verdienstausfall, den der Beklagte nur pauschal behauptet, ergibt sich insbesondere nicht ohne Weiteres aus seiner selbständigen Tätigkeit. Gegen die Bemessung des Zeitaufwandes mit 50 Stunden erhebt die Rechtsbeschwerde keine Einwände.
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- bb) Pauschal bleibt auch die Behauptung der Rechtsbeschwerde, der Beklagte müsse die Hilfe fachkundiger Dritter in Anspruch nehmen. Um welche Dritte es sich handeln und aus welchen Gründen deren Heranziehung geboten sein soll, legt der Beklagte nicht dar. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass er für die geforderte Auskunft und Rechnungslegung neben etwaigen - vom Berufungsgericht berücksichtigten - Bankauskünften der Unterstützung weiterer Dritter bedürfte.
- 10
- cc) Die Rechtsbeschwerde meint, es seien 300 € für 600 Fotokopien á 0,50 € anzusetzen. Abgesehen davon, dass dies nicht zu einem 600 € übersteigenden Wert der Beschwer führen würde, wäre dieser Ansatz jedenfalls der Höhe nach übersetzt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG: 0,50 € je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 € für jede weitere Seite).
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- dd) Infolge der umfassenden Verpflichtung des Beklagten zur Auskunft kann sich dieser auch nicht mit Erfolg auf die Unmöglichkeit der Auskunftserteilung berufen. Entsprechend ist bei der Bemessung der Beschwer hier auch nicht ein möglicher Kostenaufwand zu berücksichtigen, der notwendig wäre, um mit anwaltlicher Hilfe gegebenenfalls Vollstreckungsversuche abzuwenden (vgl. Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - IV ZB 18/16, ZEV 2017, 278 Rn. 9).
Dr. Brockmöller Dr. Götz
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 17.07.2019- 7 O 3/19 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.12.2019- 6 U 66/19 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt 4 Euro je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn, dem Zeugen ist durch seine Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 Euro beträgt. Gefangene, die keinen Verdienstausfall aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis haben, erhalten Ersatz in Höhe der entgangenen Zuwendung der Vollzugsbehörde.
Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt 4 Euro je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn, dem Zeugen ist durch seine Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden.
(1) Auch die in den §§ 5, 6 und 12 nicht besonders genannten baren Auslagen werden ersetzt, soweit sie notwendig sind. Dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen.
(2) Für die Anfertigung von Kopien und Ausdrucken werden ersetzt
- 1.
bis zu einer Größe von DIN A3 0,50 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 Euro für jede weitere Seite, - 2.
in einer Größe von mehr als DIN A3 3 Euro je Seite und - 3.
für Farbkopien und -ausdrucke bis zu einer Größe von DIN A3 1 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,30 Euro für jede weitere Seite, in einer Größe von mehr als DIN A3 6 Euro je Seite.
(3) Für die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien anstelle der in Absatz 2 genannten Kopien und Ausdrucke werden 1,50 Euro je Datei ersetzt. Für die in einem Arbeitsgang überlassenen oder in einem Arbeitsgang auf denselben Datenträger übertragenen Dokumente werden höchstens 5 Euro ersetzt.