Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Mai 2020 - 4 StR 137/20
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
Ergänzend bemerkt der Senat:
Zwar hält die rechtliche Würdigung im Fall II. 4 der Urteilsgründe aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Feststellungen keinen Nötigungserfolg belegen. Darüber hinaus tragen die Feststellungen – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – nicht ohne Weiteres die Annahme einer versuchten Nötigung (§§ 240 Abs. 3, 22 StGB). Hinweise auf das Vorstellungsbild des Angeklagten nach Abschluss der (letzten ) Ausführungshandlung („Hört auf in der Wohnung hin und her zu laufen. […], sonst passiert euch etwas Schlimmes.“) sind den Urteilsgründen auch in ihrem Ge- samtzusammenhang nicht zu entnehmen; damit bleibt offen, ob es sich um einen beendeten oder fehlgeschlagenen Versuch handelte und die Möglichkeit eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch (§ 24 Abs. 1 StGB) sicher ausscheidet.
Darüber hinaus fehlt es im Fall II. 5 der Urteilsgründe im Hinblick auf die Annahme einer tateinheitlichen Zuwiderhandlung gegen § 4 Satz 1 Gewaltschutzgesetz an Feststellungen dazu, dass der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 7. Februar 2018 dem Angeklagten auch wirksam zugestellt wurde. Die Feststellung der bloßen Kenntnis des Angeklagten vom Inhalt des Näherungsverbots , die hier im Übrigen beweiswürdigend nicht belegt ist, macht die Feststellung wirksamer Zustellung nicht entbehrlich (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2012 – 4 StR 122/12, NStZ 2013, 108, 109; ebenso BGH, Beschluss vom 20. Juni 2019 – 5 StR 208/19, Rn. 11).
Der Senat vermag jedoch ein Beruhen des Urteils auf diesen Rechtsfehlern auszuschließen. Das Landgericht hat die Unterbringungsanordnung auf die Tat II. 5 der Urteilsgründe gestützt und zur Begründung ausgeführt, dass die vom Angeklagten nach seinem gewaltsamen Eindringen in die Wohnung der geschädigten Familie S. unter Vorhalt eines Messers ausgesprochene massive Drohung („Jetzt bringe ich alle um! Ich steche euch alle ab!“) das für die Maßregelanordnung erforderliche
Gewicht erreicht. Weder der Tat II. 4 der Urteilsgründe noch dem im Fall II. 5 der Urteilsgründe angenommenen tateinheitlichen Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz hat es dabei eigenständiges oder zusätzliches Gewicht beigemessen.
Sost-Scheible Roggenbuck Bender Quentin Bartel
Vorinstanz:
Frankenthal, LG, 03.12.2019 ‒ 5127 Js 40645/17 2 KLs
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.