Oberlandesgericht München Beschluss, 30. Apr. 2014 - Verg 2/14

originally published: 26/05/2020 05:59, updated: 30/04/2014 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 30. Apr. 2014 - Verg 2/14
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Tenor

I.

Der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 09.01.2014 (Az.: 21.VK-3194-46/13) wird aufgehoben.

II.

Die Antragsgegnerin wird - bei fortbestehender Vergabeabsicht - verpflichtet, die Eignungsprüfung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen.

III.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Verfahren vor der Vergabekammer wird für die Antragstellerin für notwendig erklärt.

IV.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 600.000,- € festgesetzt.

Gründe

A.

I.

Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 18.05.2013 den Auftrag „Rest- und Bioabfallabfuhr mit Behälteränderungsdienst sowie Sperrmüllabholung auf Abruf mit anschließender Verwertung getrennt erfasster Fraktionen im Landkreis F. ab 01.07.2014“ europaweit im offenen Verfahren aus. Die Antragstellerin wendet sich gegen ihren Ausschluss aus dem Vergabeverfahren.

1. Für den Gang des Vergabeverfahrens und den diesem zugrunde liegenden Sachverhalt wird auf den Beschluss der Vergabekammer vom 09.01.2014, dort Seite 2-12 (Bl. 477-487 VK) verwiesen. Der Kreistag des Antragsgegners hat am 20.01.2014 über die Vergabe wie folgt beschlossen (Anlage BG 1): „1. Der Kreistag stimmt der Auftragsvergabe der Rest- und Bioabfallabfuhr mit Behälteränderungsdienst sowie Sperrmüllabholung auf Abruf mit anschließender Verwertung getrennt erfasster Fraktionen im Landkreis F. an die (geschwärzt) zu.2. Sollte nach der Beschlussfassung das OLG München dem Nachprüfungsantrag der (geschwärzt) stattgeben, ermächtigt der Kreistag gemäß Art. 30 Abs. 2 Landkreisordnung den Kreisausschuss zur abschließenden Auftragsvergabe...“.

2. Mit sofortiger Beschwerde vom 28.01.2014 wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihren Vortrag vor der Vergabekammer, wonach ihr Ausschluss materiell und formell rechtswidrig sei. Für die materielle Rechtswidrigkeit führt sie folgende Gesichtspunkte an: Die von ihr benannte Nachunternehmerin S. sei ausreichend qualifiziert gewesen, jedenfalls habe sie die Fa. D. als Nachunternehmerin statt der Fa. S. benennen dürfen. Im Übrigen sei sie selbst ausreichend geeignet und zertifiziert und schließlich verstoße das Verhalten des Antragsgegners gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.04.2014 ließ die Antragstellerin insbesondere ausführen, die Grundsätze für die formale Eignungsprüfung seien verkannt worden und beruft sich weiter auf Teil IV - besondere Vertragsbedingungen/Entsorgungsvertrag, dort § 7 Abs. 2, woraus sich ergebe, dass sie Unterauftragnehmer austauschen bzw. selbst an deren Stelle treten könne.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 09.01.2014 (Az.: 21.VK-3194-46/13) wird aufgehoben.

2. Dem Antragsgegner wird untersagt, das Angebot der Antragstellerin vom Vergabeverfahren „Rest- und Bioabfallabfuhr mit Behälteränderungsdienst sowie Sperrmüllabholung auf Abruf mit anschließender Verwertung getrennt erfasster Fraktionen im Landkreis F. ab 01.07.2014“ (EU-Bekanntmachung 2013/S 096-164011) auszuschließen.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten beider Rechtszüge des Verfahrens.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.

Die Antragsgegnerin tritt dem mit Schriftsatz vom 10.02.2014 entgegen und beantragt:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 28.01.2014 gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 09.01.2014 (Az.: 21.VK-3194-46/13) wird zurückgewiesen.

2. ... (betrifft Akteneinsicht)

3. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendigen Kosten des Antrags- und Beschwerdegegners.

Die Antragsgegnerin tritt sämtlichen Ausführungen der Antragstellerin im Einzelnen entgegen und hält sie überdies bereits für präkludiert.

Beide Parteien haben im Termin vom 10.04.2014 - mit unterschiedlicher Begründung - eine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof angeregt.

Auf die Sitzungsniederschrift vom 10.04.2014 (Bl. 87/90 d. A.) wird ebenso verwiesen wie auf sämtliche im Verfahren gewechselten Schriftsätze.

B.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist zulässig und begründet.

I.

Die Antragstellerin hat unverzüglich gerügt, sie sei zu Unrecht ausgeschlossen worden, weil sie keine ausreichende Zertifizierung ihres Nachunternehmers nachgewiesen habe, § 107 Abs. 3 GWB. Das entsprechende Ausschlussschreiben der Antragsgegnerin ging der Antragstellerin am 13.09.2014 zu, am 17.09.2013 erhob sie die Rüge durch Anwaltsschriftsatz.

II.

Der Senat ist an einer Entscheidung zulasten der Antragsgegnerin nicht deswegen gehindert, weil eine Beiladung der aussichtsreichsten Mitbieterin unterblieben ist. Auch hat die Vergabekammer zu Recht kein drittes Unternehmen beigeladen. Für das Verfahren vor der Vergabekammer ergibt sich dies bereits aus dem Zeitablauf: Erst mit Beschluss des Kreistages vom 20.01.2014 wurde eine Entscheidung über die Auftragsvergabe getroffen. Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren vor der Vergabekammer bereits durch Beschluss derselben beendet. Für das Verfahren vor dem erkennenden Senat gilt, dass auch der bereits erwähnte Beschluss des Antragsgegners noch nicht endgültig war und ist, sondern in seiner Ziffer 2 das dortige weitere Verfahren von der Entscheidung des Senats abhängig macht. Dementsprechend ist auch kein Schreiben mit den notwendigen Angaben gemäß § 101 a GWB an die Bieter ergangen. Die Entscheidung des Senats mag ein drittes Unternehmen in seinen Rechten betreffen. Gleichzeitig hat der Senat aber auch zu berücksichtigen, dass bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens die Antragsgegnerin - wie aus Anlage BG 1 ersichtlich - die Identität des erstplatzierten Bieters nicht offenbaren will.

III.

Der am 13.09.2013 ausgesprochene Ausschluss der Antragstellerin vom Verfahren war nicht rechtmäßig.

1. In einer zweistufigen Eignungsprüfung hat die Vergabestelle zunächst formal zu prüfen, ob der Bieter die „geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise“ vorgelegt hat, § 19 III Nr. 3 a) VOL/A-EG. Das heißt umgekehrt, dass sie eine Ablehnung nur dann aussprechen darf, wenn der Bieter solche Unterlagen nicht vorgelegt hat, welche aus der Bekanntmachung klar und eindeutig ersichtlich als gefordert erkennbar waren. Unklarheiten und Zweifel insoweit gehen zulasten der Vergabestelle, vgl. Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, Rn. 190 ff. zu § 19 EG, insbesondere jedoch auch ebendort Haussmann/von Hoff, Rn. 65 und 66 zu § 7 EG.

2. Dabei ist es - unabhängig von der Konkretisierung der Anforderungen - grundsätzlich zulässig, Eignungsnachweise erst im Nachgang zu fordern - dies zeigt schon der Wortlaut des § 19 III Nr. 3 a) VOL/A - EG, der von „oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweisen“ spricht.

3. Die Bekanntmachung selbst enthält jedenfalls keinen ausreichenden Grad an Konkretisierung, um den Ausschluss der Antragstellerin zu rechtfertigen. Allerdings wird hier ausreichend deutlich, dass sich die Antragsgegnerin vorbehält, zum Nachweis der Eignung eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb nach § 52 KrW/AbfG bzw. § 57 KrWG i. V. m. Entsorgungsfachbetriebeverordnung aufzufordern. Dies erscheint dem Senat als hinnehmbar; eine Verletzung des Transparenzgebotes liegt hierin (noch) nicht, da der Bieter damit hinreichend darüber informiert wird, dass ein solcher Nachweis ihm eventuell abverlangt werden wird und er sich im Laufe des Verfahrens hierauf noch ausreichend einstellen kann. Der Hinweis auf die Notwendigkeit einer späteren Konkretisierung war in der Bekanntmachung klar und eindeutig - anders als in den Sachverhalten, welche den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf Verg 8/12 und des Bundesgerichtshofs X ZR 130/10 zugrunde lagen, vgl. auch Haussmann/von Hoff a. a. O.

4. Soweit ein solches Vorgehen - wie hier - zulässig ist, muss dann jedoch auf der nächsten Stufe der Konkretisierung für den Bieter ausreichend deutlich werden, welche konkreten Anforderungen an ihn gestellt werden. Dies ist hier nicht ausreichend klar erfolgt, als die Antragsgegnerin am 02.08.2013 bat, Eignungsnachweise der Unterauftragnehmer wie folgt zu übermitteln: „Nachweis der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb nach § 52 KrW/AbfG bzw. § 57 KrWG i. V. m. Entsorgungsfachbetriebeverordnung ...“. Der Aufforderung fehlt die notwendige Konkretisierung auf die Norm 200140. Zwar ist der Antragsgegnerin darin Recht zu geben, dass einerseits der ausgeschriebene Auftrag eindeutig auf die Sammlung und Entsorgung von Sperrmüll/Hausmüll gerichtet war, andererseits die Anlage zu § 2 I der AVV, das Abfallverzeichnis, klar erkennen lässt, dass nur das Zertifikat 200140 die sich daraus ergebenden Arbeiten absolut passend umfasst, während die von der Antragstellerin für die Fa. S. GmbH vorgelegten Zertifikate nur Teilausschnitte dieser Tätigkeit und dies in nicht ausreichender Art und Weise als zertifiziert erscheinen lassen. Auch der Senat hat in seinem Hinweis vom 06.04.2014 noch diese Auffassung vertreten. Diese Argumentation berücksichtigt aber nicht ausreichend das das Vergabeverfahren - neben anderen Grundsätzen tragende - Transparenzgebot. Entscheidend sind hierbei zwei Gesichtspunkte: Gerade auf der Ebene einer Nachforderung wäre es der Antragsgegnerin ein leichtes gewesen, das von ihr erwartete Zertifikat konkret zu benennen. Insofern brauchte die Antragstellerin - die hier freilich durchaus leichtfertig vorgegangen ist - nicht sorgfältiger und klüger zu sein als die Antragsgegnerin. Vor allem jedoch hat sich in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats auch ergeben, dass die Antragsgegnerin nicht von Gesetzes wegen gehalten war, auf der Vorlage des Zertifikats 200140 zu bestehen. Vor diesem Hintergrund konnte die Antragstellerin das Schreiben der Antragsgegnerin vom 02.08.2013 nicht ausschließbar auch so verstehen, dass von ihr verlangt wurde, irgendeine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für die Fa. S. GmbH vorzulegen, was sie dann ja auch in Hinblick auf andere Zertifikate als das Zertifikat 2010140 getan hat.

IV.

Da der Ausschluss der Antragstellerin zu Unrecht erfolgt ist, wird die Antragsgegnerin nun auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats zu prüfen haben, ob die Antragstellerin in der Wertung zu belassen ist. Dabei gilt:

1. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Antragsgegnerin inhaltlich durchaus berechtigt gewesen wäre, das Zertifikat 200140 als Eignungsnachweis zu verlangen.

2. Auch wenn das Zertifikat 200140 nicht schon in der Bekanntmachung konkret abverlangt werden musste, sondern eine spätere Konkretisierung zulässig war, fand diese doch jedenfalls ihre zeitliche Grenze in dem Moment der Angebotsabgabe; sie kann nun also nicht mehr nachverlangt werden.

3. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die mit EFZ 2010140 zertifizierte Antragstellerin selbst eintreten kann.

4. Im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung wird die Antragsgegnerin (nur) noch prüfen müssen, ob die Antragstellerin und ihre Nachunternehmer ausreichend geeignet sind.

C.

I.

Eine Divergenzvorlage gemäß § 124 Abs. 2 GWB war nicht veranlasst. Der Senat weicht nicht von tragenden Gesichtspunkten einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs ab. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführte Entscheidung OLG Düsseldorf vom 17.03.2011, VII Verg 57/10. Es handelt sich jeweils um am Einzelfall orientierte Entscheidungen. Beide Oberlandesgerichte sind sich darin einig, dass an die Bestimmtheit der Bekanntmachung bzw. vorbehaltener späterer Konkretisierungen strenge Maßstäbe zu stellen sind.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i. V. m. § 78 GWB, die Streitwertfestsetzung auf § 50 Abs. 2 GKG, wobei ein ungefährer Betrag in Höhe von 5% der Bruttoangebotssumme der Antragstellerin zugrunde gelegt wurde.

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Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV

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(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an Entsorgungsfachbetriebe, technische Überwachungsorganisationen und Entsorgergemeinschaften zu bestimmen. In der Rechtsverordnung können insbesondere

1.
Anforderungen an die Organisation, die personelle, gerätetechnische und sonstige Ausstattung und die Tätigkeit eines Entsorgungsfachbetriebes bestimmt sowie ein ausreichender Haftpflichtversicherungsschutz gefordert werden,
2.
Anforderungen an den Inhaber und die im Entsorgungsfachbetrieb beschäftigten Personen, insbesondere Mindestanforderungen an die Fach- und Sachkunde und die Zuverlässigkeit sowie an deren Nachweis, bestimmt werden,
3.
Anforderungen an die Tätigkeit der technischen Überwachungsorganisationen, insbesondere Mindestanforderungen an den Überwachungsvertrag sowie dessen Abschluss, Durchführung, Auflösung und Erlöschen, bestimmt werden,
4.
Anforderungen an die Tätigkeit der Entsorgergemeinschaften, insbesondere an deren Bildung, Auflösung, Organisation und Arbeitsweise, einschließlich der Bestellung, Aufgaben und Befugnisse der Prüforgane sowie Mindestanforderungen an die Mitglieder dieser Prüforgane, bestimmt werden,
5.
Mindestanforderungen an die für die technischen Überwachungsorganisationen oder für die Entsorgergemeinschaften tätigen Sachverständigen sowie deren Bestellung, Tätigkeit und Kontrolle bestimmt werden,
6.
Anforderungen an das Überwachungszeichen und das zugrunde liegende Zertifikat, insbesondere an die Form und den Inhalt, sowie Anforderungen an ihre Erteilung, ihre Aufhebung, ihr Erlöschen und ihren Entzug bestimmt werden,
7.
die besonderen Voraussetzungen, das Verfahren, die Erteilung und Aufhebung
a)
der Zustimmung zum Überwachungsvertrag durch die zuständige Behörde geregelt werden sowie
b)
der Anerkennung der Entsorgergemeinschaften durch die zuständige Behörde geregelt werden; dabei kann die Anerkennung der Entsorgergemeinschaften bei drohenden Beschränkungen des Wettbewerbes widerrufen werden,
8.
die näheren Anforderungen an den Entzug des Zertifikats und der Berechtigung zum Führen des Überwachungszeichens sowie an die Untersagung der sonstigen weiteren Verwendung der Bezeichnung „Entsorgungsfachbetrieb“ durch die zuständige Behörde nach § 56 Absatz 8 Satz 2 bestimmt werden sowie
9.
für die erforderlichen Erklärungen, Nachweise, Benachrichtigungen oder sonstigen Daten die elektronische Führung und die Vorlage von Dokumenten in elektronischer Form gemäß § 3a Absatz 2 Satz 2 und 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes angeordnet werden.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen),
2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes),
4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und
5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
Im Verfahren über Beschwerden eines Beigeladenen (§ 54 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 79 Absatz 1 Nummer 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 16 Nummer 3 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) ist der Streitwert unter Berücksichtigung der sich für den Beigeladenen ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.