Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 12. Dez. 2017 - 7 Ta 98/17

originally published: 28/05/2020 07:20, updated: 12/12/2017 00:00
Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 12. Dez. 2017 - 7 Ta 98/17
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12.05.2017 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg ‒ Kammer Coburg ‒ vom 20.06.2017 abgeändert.

Die Anordnung der Ratenzahlung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Parteien stritten in der Hauptsache um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses sowie Weiterbeschäftigung.

Dem Kläger wurde mit Beschluss vom 01.04.2014 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Herr Rechtsanwalt K… beigeordnet.

Das Verfahren endete am 17.04.2014 mit dem Abschluss eines Vergleichs.

Der Kläger wurde unter dem 12.07.2016 vom Arbeitsgericht Bamberg ‒ Kammer Coburg ‒ aufgefordert, mitzuteilen, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert hätten. Diese Aufforderung wurde unter dem 11.08.2016 wiederholt. Gleichzeitig wurde dem Kläger eine Frist bis 29.08.2016 gesetzt. Nachdem der Kläger sich nicht äußerte, hob das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 08.09.2016 gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 2 ZPO auf.

Gegen den Beschluss legte der Kläger sofortige Beschwerde ein und reichte gleichzeitig eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein.

Mit Beschluss vom 02.05.2017 hob das Arbeitsgericht den Beschluss vom 08.09.2016 auf und ordnete eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 123,00 € an. Dabei ging es von einem anrechenbaren Einkommen von 247,00 € aus.

Nach der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zahlt der Kläger auf einen Kreditvertrag, den er am 14.07.2016 bei der R… N… abschloss, monatlich eine Rate von 300,00 €.

Der Beschluss wurde dem Kläger am 04.05.2017 zugestellt.

Der Kläger legte gegen den Beschluss am 12.05.2017 sofortige Beschwerde ein.

Das Erstgericht half der sofortigen Beschwerde teilweise ab und setzte die monatlichen Raten auf 102,00 € fest.

Bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens berücksichtigte das Erstgericht nicht die Rate für den Kredit bei der R… N… in Höhe von 300,00 € monatlich.

Der Kläger macht geltend, er habe, da er Herrn Ko… einen Kredit von 10.000,00 € gegeben habe, zunächst bei der C… Bank ein Darlehen aufgenommen. Am 17.07.2013 habe er bei der R… N… einen neuen Kredit aufgenommen. Zu dem Zeitpunkt habe er in S… gewohnt. Den Kredit habe er am 14.07.2016 nochmals aufgestockt. Das Darlehen bei der R… habe er aufnehmen müssen, da er nach der Trennung von seiner seinerzeitigen Freundin nach Sc… gezogen sei und sich neu habe einrichten müssen. Ersparnisse habe er nicht mehr gehabt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 127 Absatz 3, 569 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist begründet.

Bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens war auch die Rate in Höhe von monatlich 300,00 € zu berücksichtigen, die der Kläger auf den Kredit bei der R… N… zu entrichten hat.

Allerdings trifft es zu, dass im Verfahren über die Prozesskostenhilfe grundsätzlich keine das Einkommen mindernde Verpflichtungen zu berücksichtigen sind, die erst nach Beginn des Verfahrens, für das der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt, entstanden sind.

Die gilt indes nicht für das Überprüfungsverfahren gemäß § 120a ZPO.

Im Überprüfungsverfahren gilt ein anderer Maßstab als im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren.

Die hilfsbedürftige Partei ist nicht verpflichtet, während des gesamten Vierjahreszeitraums des § 120a Absatz 1 Satz 4 ZPO ihre private Lebensführung allein danach auszurichten, nach Möglichkeit entstandene Prozesskosten nachträglich zu begleichen. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob die fragliche Kreditaufnahme angemessen erscheint, und ob sich eine Person, die nicht dem Überprüfungsverfahren nach § 120a Absatz 2 ZPO unterliegt, in einer vergleichbaren Situation zu der Kreditaufnahme entschlossen hätte (Landesarbeitsgericht Hamm ‒ Beschluss vom 30.04.2012 ‒ 4 Ta 662/11; juris).

Danach ist die Kreditrate, die der Kläger in Höhe von 300,00 € monatlich an die R… N… zu zahlen hat, anzurechnen.

Der Kreditvertrag, der den Kläger verpflichtet, monatlich 300,00 € zu zahlen, hat das ursprüngliche Darlehen, das der Kläger aufgrund des Vertrags vom 17.07.2013 erhalten hat, abgelöst. Der Kläger macht geltend, er habe diesen Darlehensvertrag aufgestockt. Wie sich aus den vorgelegten Kopien der Verträge ergibt, wies der Darlehensvertrag vom 17.07.2013 als Darlehenssumme 16.673,06 € aus, das Darlehen nach dem Vertrag vom 14.07.2016 beinhaltet eine Darlehenssumme von 14.907,73 €. Da der Kläger auf das zuerst gewährte Darlehen von August 2013 bis Juli 2016 monatliche Raten von 415,00 € gezahlt hat, war dieses Darlehen teilweise zurückgezahlt. Die Notwendigkeit, das Darlehen wieder zu erhöhen, ergab sich aus den persönlichen Umständen des Klägers, nämlich, wie er geltend macht, einer Trennung, verbunden mit einem Umzug und der Begründung eines neuen Hausstandes.

Die Erhöhung des Darlehens hat zur Folge, dass die Dauer der Zahlungsverpflichtung sich zwar verlängerte, andererseits aber die Höhe der Rückzahlungsrate von 415,00 € auf 300,00 € monatlich gesenkt wurde.

In dieser Situation hätte sich auch eine andere Person zur Aufnahme eines Verbraucherdarlehens entschlossen.

Nachdem die Zahlungsverpflichtung in Höhe von 300,00 € zu berücksichtigen ist, ergibt sich beim anrechenbaren Einkommen ein Minusbetrag von 94,72 €, so dass eine Rate nicht zu zahlen ist.

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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn 1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;2. die Partei ab

(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Absatz 1 Satz

Annotations

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. Auf Verlangen des Gerichts muss die Partei jederzeit erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

(2) Verbessern sich vor dem in Absatz 1 Satz 4 genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändert sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 Euro übersteigt. Satz 2 gilt entsprechend, soweit abzugsfähige Belastungen entfallen. Hierüber und über die Folgen eines Verstoßes ist die Partei bei der Antragstellung in dem gemäß § 117 Absatz 3 eingeführten Formular zu belehren.

(3) Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt. Das Gericht soll nach der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangte geboten ist. Eine Änderung der Entscheidung ist ausgeschlossen, soweit die Partei bei rechtzeitiger Leistung des durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangten ratenfreie Prozesskostenhilfe erhalten hätte.

(4) Für die Erklärung über die Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nach Absatz 1 Satz 3 muss die Partei das gemäß § 117 Absatz 3 eingeführte Formular benutzen. Für die Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gilt § 118 Absatz 2 entsprechend.