Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2020 - 3 StR 85/20

published on 28/04/2020 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2020 - 3 StR 85/20
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Landgericht Düsseldorf, 30, 01/09/8796

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 85/20
vom
28. April 2020
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2020:280420B3STR85.20.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 28. April 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Oktober 2019
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der Beihilfe zum Betrug schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt. Ihre auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen wollten die vormaligen Mitangeklagten - darunter eine Freundin der Angeklagten - Verkehrsunfälle fingieren, um unberechtigt Versicherungsleistungen zu erlangen. Als sie in Ausführung dieses Vorhabens zwei durch einen vermeintlichen Unfall beschädigte Fahrzeuge auf der Straße positioniert hatten, bat die genannte Freundin die Angeklagte hinzu. Die Frauen sollten sich vor der Polizei als Fahrerinnen der jeweiligen PKW ausgeben und von einem versehentlichen Zusammenstoß berichten. Weisungsgemäß sagte die Angeklagte gegenüber den herbeigerufenen Beamten aus, der von ihr geführte Wagen sei durch das andere ausparkende Fahrzeug touchiert worden. Dabei kam es ihr darauf an, dass ihre Freundin die Leistung der Kfz-Versicherung erlangt, obgleich auf jene, wie sie wusste, kein Anspruch bestand. Die Angeklagte nahm billigend in Kauf, dass sich die Mitangeklagten bei der Abwicklung des behaupteten Unfallschadens auf ihre wahrheitswidrige Aussage beziehen. Tatsächlich forderte ein vormaliger Mitangeklagter unter Hinweis auf ihre polizeilichen Angaben erfolgreich 6.033,67 € von der Versicherung ein. Diesen Betrag teilten die früheren Mitangeklagten unter sich auf. Ob auch die Angeklagte einen Anteil erhielt, ist unklar.

II.


3
Der Schuldspruch wegen täterschaftlichen Betrugs hat keinen Bestand. Die Feststellungen tragen lediglich eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Betrug gemäß § 263 Abs. 1, § 27 StGB.
4
1. Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 6. August 2019 - 3 StR 189/19, NStZ 2020, 22 Rn. 4 f.; Urteile vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291; vom 12. Februar 1998 - 4 StR 428/97, NJW 1998, 2149, 2150). Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich - wie hier - auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. August 2019 - 3 StR 189/19 aaO mwN; vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12, NStZ-RR 2012, 209 mwN). Erschöpft sich demgegenüber die Mitwirkung nach dem Willen des sich Beteiligenden in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last (§ 27 Abs. 1 StGB).
5
2. Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme täterschaftlichen Handelns der Angeklagten auch dann durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn man dem Tatgericht bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligt, der nur eingeschränk- ter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12 aaO mwN). Die von der Strafkammer festgestellten Tatsachen vermögen den Schluss, die Angeklagte habe ihre Mitwirkungshandlung als Teil der Tätigkeit aller und demzufolge den späteren Versicherungsbetrug als eigene Tat verstanden, nicht zu tragen, so dass ein solcher Beurteilungsspielraum jedenfalls überschritten wäre.
6
Das Verhalten der Angeklagten erschöpfte sich objektiv darin, im Vorbereitungsstadium der eigentlichen Betrugshandlung einen ihr von den vormaligen Mitangeklagten zugedachten Part zu übernehmen. Ohne ihre Angaben gegenüber der Polizei hätte das Verhalten der anderen Beteiligten zwar nicht zum erstrebten Taterfolg führen können; gleichwohl stellte sich ihr Tun schon rein äußerlich als untergeordnete Unterstützung einer fremden Tat dar, nicht als Tatbeitrag, wie er im Rahmen eines gleichrangigen, arbeitsteiligen Vorgehens von einem Mittäter erbracht wird.
7
Die Angeklagte besaß zudem keinen Entscheidungs- und Gestaltungseinfluss : Die eigentliche Tathandlung, also die Geltendmachung des behaupteten Schadens bei der Versicherung, spielte sich vollständig außerhalb ihres Einwirkungsbereichs ab. Auch in die Entgegennahme und Aufteilung des ertrogenen Geldbetrags war die Angeklagte nicht involviert. Dasselbe gilt für die Vorbereitungshandlungen: Ort, Zeit und Modalitäten der gespielten Unfallszene sowie die Auswahl der Fahrzeuge und der zu täuschenden Versicherung bestimmten und arrangierten allein die vormaligen Mitangeklagten.
8
Eine Stellung als Mittäterin ergibt sich schließlich nicht aus den Feststellungen zum subjektiven Tatbestand. Danach handelte die Angeklagte zwar in der Absicht, ihrer Freundin einen unberechtigten Vermögensvorteil zu verschaffen. Ein Täter- oder jedenfalls Tatherrschaftswille folgt hieraus aber nicht. Denn eine (Dritt-)Bereicherungsabsicht kann auch bei einem mit Gehilfenvorsatz erbrachten Freundschaftsdienst vorliegen.
9
3. Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst, da auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Mittäterschaft der Angeklagten tragen. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen , weil diese sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
10
4. Die Änderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Die der Strafzumessung zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
11
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass über die Rückzahlung der von der Angeklagten geleisteten 900 € und die damit einhergehende Frage der Anwendbarkeit von § 153a Abs. 1 Satz 6 StPO im Vollstreckungsverfahren zu entscheiden sein wird.
12
Durch die rechtsfehlerhafte Annahme der Strafkammer, alle drei Vorverurteilungen durch das Amtsgericht Mönchengladbach aus den Jahren 2010 und 2011 seien einbeziehungsfähig gewesen, hätte die Angeklagte die darin festgesetzten Geldstrafen nicht bezahlt, ist diese nicht beschwert.
Schäfer Gericke Wimmer
Hoch Erbguth
Vorinstanz:
Düsseldorf, LG, 28.10.2019 - 30 Js 8796/09 18 KLs 5/19
8 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 19/05/2020 17:51

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 189/19 vom 6. August 2019 in der Strafsache gegen wegen Raubes mit Todesfolge ECLI:DE:BGH:2019:060819B3STR189.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhör
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 25/06/2020 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 102/20 vom 25. Juni 2020 in der Strafsache gegen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung u.a. ECLI:DE:BGH:2020:250620B3STR102.20.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat na
published on 02/02/2021 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 1 und 2/21 vom 3. Februar 2021 in dem Strafverfahren gegen 1. 2. wegen Kriegsverbrechen gegen Personen u.a. ECLI:DE:BGH:2021:030221BAK1.21.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Angesc
published on 03/02/2021 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 1 und 2/21 vom 3. Februar 2021 in dem Strafverfahren gegen 1. 2. wegen Kriegsverbrechen gegen Personen u.a. ECLI:DE:BGH:2021:030221BAK1.21.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Angesc
published on 09/02/2021 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 5/21 vom 9. Februar 2021 in dem Strafverfahren gegen wegen Beihilfe zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit u.a. ECLI:DE:BGH:2021:090221BAK5.21.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Ang
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.